Fehlgeburt, Totgeburt und Sternenkinder

Fehlgeburt

Der Tod eines Kindes noch bevor es die Möglichkeit hatte, das Licht der Welt zu erblicken, ist ein schwerer Schicksalsschlag für Eltern. Ein sehr persönlicher Schmerz, der sprachlos macht – sowohl die betroffene Familie als auch die Gesellschaft. Oft wird auch von nahestehenden Menschen nicht verstanden, warum die Trauer so groß ist (beispielsweise wenn sich eine Fehlgeburt sehr früh ereignet), was dazu führt, dass die Hinterbliebenen mit ihrem Schmerz alleine bleiben. Durch die intensive Bindung zum Kind, die vom ersten Moment an besteht, leiden vor allem Mütter an dieser traumatischen Erfahrung. Sie quälen sich mit Selbstvorwürfen und Schuldgefühlen, um immer wieder nach Gründen für das Unerklärliche zu suchen. War es vielleicht doch der eine Schluck Wein, noch bevor ich von der Schwangerschaft wusste? Habe ich zu viel Sport getrieben? Hätte ich die schwere Kiste nicht heben sollen? Dieses intensive Gedankenkreisen belastet und begünstigt mitunter das Entstehen einer Depression. Aber auch Väter leiden – meist still, um für ihre Partnerin stark zu sein.

Unter einer Fehlgeburt versteht man ein Kind, das ohne Lebenszeichen geboren wird und ein Geburtsgewicht von weniger als 500 Gramm aufweist. Bei einem Gewicht über 500 Gramm wird von einer Totgeburt oder „Stillen Geburt“ (aus dem Englischen für Totgeburt „stillbirth“) gesprochen. Die Gewichtsgrenze entscheidet derzeit noch wesentlich darüber, wie mit dem Tod des Kindes von behördlicher  Seite umgegangen wird und welche Versorgungs-und Schutzmöglichkeiten der Sternenmutter zustehen.  Faktoren, die den Trauerprozess erheblich beeinflussen!

Unabhängig davon, wann der Verlust des geliebten Kindes eintrat, es braucht Zeit und Ruhe, um mit diesem Schicksal zurechtzukommen. Es braucht Zeit, Abschied zu nehmen.

 

 

„Wenn du bei Nacht den Himmel anschaust, wird es Dir sein, als lachten alle Sterne, weil ich auf einem von ihnen wohne, weil ich auf einem von ihnen lache. Du allein wirst Sterne haben, die lachen können!“

Antoine de Saint-Exupéry  (Der kleine Prinz)

Wie kann mir eine psychologische Beratung bei einer Fehlgeburt helfen?

Eine professionelle Begleitung stellt einen geschützten Rahmen für die behutsame Verarbeitung des traumatischen Erlebnisses zur Verfügung. Manchmal stellen sich Monate oder auch noch Jahre später körperliche und/oder seelische Belastungen ein, die anzeigen, dass das Erlebte noch nicht ausreichend verarbeitet wurde. Dies äußert sich beispielsweise in Schlaflosigkeit, Angstzuständen oder Panikattacken, Kopfschmerzen, ständiger Müdigkeit, mangelnder Lebensfreude, fehlendem Antrieb, Appetitlosigkeit oder Esssucht, erhöhter Reizbarkeit, Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenmissbrauch. Die Trauer hat viele Gesichter.

Gemeinsam hinsehen

Umso wichtiger ist es, gemeinsam hinzusehen, wo der Schmerz begann, um unterdrückte Trauerreaktionen zu lösen. Dazu gehört auch, die Ursachen und Rahmenbedingungen der Fehlgeburt/Totgeburt noch einmal gut zu beleuchten: Erinnerungen, Fotografien, Nachrichten können hierbei helfen, aber auch medizinischen Informationen tragen dazu bei, die Situation als Gesamtes zu betrachten. Hinsehen bedeutet aber auch, Schuldgefühle und Selbstvorwürfe zu zulassen sowohl auf individueller als auch partnerschaftlicher Ebene.

Der Trauer Raum geben

Trauer ist die natürliche Antwort auf einen Verlust. Um Trauer greifbar zu machen, benötigt sie und all die Gefühle, die mit ihr auftreten, Raum. Wenn sie gehört und gesehen, mit allen Sinnen wahrgenommen wird, kann sie sich öffnen und lösen, um in einen heilenden Prozess überzugehen. Auf welche Art und Weise der Trauer Raum gegeben wird, ist individuell sehr unterschiedlich und kann nur gemeinsam erkundet werden.

Abschied nehmen

Am Ende des Weges stehen der Abschied und das Loslassen, um wieder vertrauensvoll nach vorne blicken zu können und neue Lebenswege zu beschreiten. Hierbei helfen uns Rituale und symbolische Handlungen, die ganz persönlich gestaltet werden können. Das gemeinsame Entwerfen von Abschiedsritualen unterstützt den Trauerprozess und hilft dabei, das Unbegreifliche greifbarer zu machen.

Beispiele für Rituale und symbolische Handlungen sind: Verabschiedung, Trauer- oder Gedenkfeier planen, Kerze gestalten, Abschiedsrituale in der Natur durchführen, Gedichte oder Geschichten verfassen, Lieder singen, Gedenkbücher entwerfen , Briefe schreiben, etc.

Und dann?

Der letzte Schritt, um den Trauerprozesses gut abschließen zu können, ist der gemeinsame Blick in die Zukunft. Wie fühlt sich diese Zukunft an? Was macht mir Angst? Was gibt mir Sicherheit und wo stecken meine Ressourcen? Die positive Visualisierung der eigenen Zukunft und die Aktivierung von präventiven Schutzmaßnahmen kann Ängsten in einer erneuten Schwangerschaft erfolgreich entgegen wirken.